Die Alsterkrugchaussee und der Alsterkrug (I)

Die Alsterkrugchaussee bildet heute als viel befahrene Ausfallstraße Richtung Norden die Grenze zwischen den Hamburger Stadtteilen Groß Borstel und Alsterdorf. Rechts und links säumen schöne alte Häuser die Straße, zum Teil stehen sie unter Denkmalschutz. Viele dieser Häuser und Siedlungen entstanden in den 1920er-Jahren in der Zeit von Fritz Schumacher als Hamburgs Oberbaudirektor in seinem typischen Baustil mit roten Klinkersteinen.

Die Alsterkrugchaussee verläuft auf einem alten Heerweg, der von Hamburg nach Kiel führte und dabei mehrere Moore durchquerte. Von Norden trieben Holsteinische Bauern ihr Vieh über diesen Weg, um es auf den Hamburger Märkten zu verkaufen. Am Ochsenzoll erreichten sie das Hamburger Landgebiet und hatten bis 1888, als auch Hamburg dem Deutschen Zollverein beitrat, bei der Einfuhr ihrer Tiere noch Zölle zu entrichten.

Reisende und Händler mussten auf dem Weg nach Hamburg erst das Harksheider Moor durchqueren, einst eines der größten Moore in Holsteins, dann das Groß Borsteler und das Eppendorfer Moor. Das Groß Borsteler Moor gibt es heute nicht mehr und vom Eppendorfer Moor ist nur noch ein Teil übriggeblieben. Der alte Weg durch die sumpfige Landschaft war kaum befestigt und die Reise darauf, zu Fuß, zu Pferde oder mit einem Fuhrwerk, konnte sehr beschwerlich sein, besonders wenn die Alster viel Wasser führte und über das Ufer trat, was häufig geschah.

Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Alster noch nicht kanalisiert und schlängelte sich mit vielen Windungen und Richtungsänderungen durch die Landschaft. „Der Fluss hat so viele Richtungswechsel, dass man bisweilen nicht weiß, ob man sich rechts oder links der Alster befindet“, heißt es in einem alten Reisebericht.

Die Alsterkrugchaussee wurde erst 1830 auf dem alten Heerweg angelegt, ursprünglich als Schotterweg, der zunächst von der Eppendorfer Mühle am Mühlenteich über den heutigen Salomon-Heine-Weg und dann weiter bis zu der Stelle reichte, an der sich der Alsterkrug befand. Die Gaststätte war schon so bekannt, dass die nun befestigte Straße nach dem Gasthaus benannt wurde.

Bevor der Weg auf diese Weise ausgebaut war, stand der Wirt, über Generationen jemand aus der Familie Möller, mit acht Pferden bereit, um im Sumpf stecken gebliebene Fuhrwerke aus dem Morast zu ziehen.  Nach der Befestigung der Straße war das nicht mehr nötig.  1898 wurde die befestigte Alsterkrugchaussee bis zum Erdkampsweg erweitert. Und 1906 erhielt die Chaussee von der Borsteler Brücke (heute Rosenbrookbrücke) bis zum Alsterkrug eine Kleinpflasterdecke.

Schon 1900 wurde beschlossen, die Alster hinter der Hudtwalckerbrücke Richtung Quelle auf einer Länge von 4,8 Kilometern zu kanalisieren. Die ursprüngliche Idee bestand darin, die Transportwege zu verbessern. Durch die Einfassung der Alster entstanden aber an ihrem Ufer auch attraktive Grundstücke für den Bau von Wohnhäusern.

Die Arbeiten begannen 1914 unter der Federführung von Oberbaudirektor Fritz Schumacher, von dem auch die Pläne zur Gestaltung des Flusslaufes mit festen architektonischen Formen und öffentlichen Grünanlagen an den Ufern stammten. Während des Ersten Weltkrieg musste das Vorhaben 1917 aus Mangel an Arbeitern jedoch zeitweilig eingestellt werden. Erst 1928 konnten die Arbeiten abgeschlossen werden.

Das Schank-und Gasthaus „Alsterkrug“ wird erstmals im Jahr 1720 im Grundbuch des Klosters St. Johannes – formal Besitzer der Dörfer Groß Borstel und Alsterdorf – erwähnt, als der Bauer Johann Hinsch als neuer Besitzer eingetragen wurde. Im folgenden Jahr veräußerte er das Haus mit dem dazu gehörenden Grundstück jedoch schon wieder an Jakob Hellwig, 1725 kaufte Ehlert Harbeck den Alsterkrug. Nach seinem Tod heiratete seine Witwe Heinrich Möller, wodurch der Gasthof in den Besitz der Familie Möller kam. Diese hielt den Alsterkrug über sechs Generationen bis ins 20. Jahrhundert in ihrem Besitz.

Tatsächlich existierte der Alsterkrug aber schon lange vor dieser ersten urkundlichen Erwähnung. Die Autoren der Kollauer Chronik berichten von einem Rechtsstreit aus dem Jahr 1258 zwischen den Hosteiner Grafen Johannes und Gerhard von Holstein-Storman und dem Hamburger Domkapitel, der Aufsichtsbehörde der Hamburger Christen. Zankapfel war eine Wassermühle, die die Grafen auf einer Stelle errichtet hatten, von der die Herren des Domkapitels meinten, dass diese sich auf dem Landgebiet des Domkapitels befand. In einem Vergleich einigten sich die Parteien darauf, dass die Grafen den sechsten Teil der Einnahmen dieser Mühle an den Dekan und das Domkapitel abführten. Der genaue Standort dieser Mühle ist nicht dokumentiert, aber es gibt stichhaltige Argumente dafür, dass die Mühle sich an der Mündung eines Nebenflusses der Alster befunden haben muss, der heute allerdings nicht mehr existiert.

Auf alten Karten hatten die Chronisten der Anfang der 1920er-Jahre veröffentlichten Kollauer Chronik in der Tat einen inzwischen verschwundenen Alster-Nebenfluss entdeckt. Dieser entsprang in Alsterdorf einem Teich namens Oortensieck. Der Straßenname „Am Oortsensieck“ verweist heute noch auf dieses Gewässer. Der Bach, in einer der alten Karten als „Susebeck“ bezeichnet (ähnlich wie der Bach in Hummelsbüttel), mündete etwa an der Stelle in die Alster, an der heute die Sportallee auf die Alsterkrugchaussee trifft. An der Mündungsstelle hatte man den Bach gestaut, um hier die besagte Kornmühle in Betrieb zu nehmen. In der Nähe hat sich wohl auch eine Furt über die Alster befunden. Neben der Mühle entstand dann bald auch ein Gasthaus, in dem sich Reisende ausruhen und stärken konnten, der berühmte Alsterkrug. Die Mühle existierte, solange die Susebeck Wasser führte. Die Abholzung eines größeren Waldstücks führte jedoch dazu, dass der Oortensieck-Teich und damit auch die Susebeck austrockneten. Die Mühle erhielt kein Wasser mehr, musste ihren Betrieb einstellen und verschwand. Was aber blieb, war der Gasthof.

Der wurde in späteren Jahren eine Zeitlang zu einer echten Räuberhöhle. Wie das passieren konnte und auf welche Weise dem Unwesen ein Ende bereitet wurde, lesen Sie im nächsten Heft.

André Schulz

Der Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung des Alsterkrug Hotels und seiner Direktorin Janine Beek, die den größten Teil der Fotos zur Verfügung stellten.