READY TO RUMBLE?

WCBC – DER BOX-CLUB FÜR DIE GANZE FAMILIE

In direkter Nachbarschaft von Groß Borstel, gefühlt in Groß Borstel, genauer gesagt in der Groß Borsteler Straße 26 h, liegt ein kleines Idyll. In einem architektonischen Juwel der späten 60er Jahre – früher war das ein Seminarhaus einer Bank – findet man den WCBC, den Box-Club von Tim Albrecht (45).

WCBC ist die Abkürzung für White Collar Boxing Club. Zu Deutsch: Angestelltenboxclub. „Wie viele Angestellte sind denn Mitglied?“, frage ich Tim Albrecht. Während wir sprechen, trudeln nach und nach froh gelaunte Kinder ein, zumeist in Begleitung ihrer Erziehungsberechtigten. „Wir haben in den Erwachsenenkursen etwa 95 Mitglieder, bei den Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahre deutlich mehr“, rechnet mir Tim Albrecht vor. „Das sind insgesamt über 130 Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre. Oft trainieren übrigens die Eltern auch bei uns. Mutter und Sohn, Vater und Tochter, Vater und Mutter plus Kinder – da sind alle Kombinationen denkbar.“ Im Nachmittagskurs, der um 17 Uhr beginnt, leitet Sascha Micheel (34) das Training: Kickboxen. Sascha ist seit dem achten Lebensjahr dabei. Was für Uneingeweihte martialisch klingen mag, hat zunächst einmal sehr viel mit Fitness-Training zu tun. Sascha hat immer sofort einen tollen Draht zu den Jugendlichen. Sie beginnen mit einem Aufwärmtraining, das es in sich hat. Sascha gibt zu Musik das Tempo vor, die Kids powern, dass man allein vom Zuschauen Schweißperlen auf die Stirn bekommt. Ausnahmslos alle sind mit bester Laune dabei, so einen Sportunterricht hätte ich mir früher in der Schule auch gewünscht.

Später geht es in Zweiergruppen weiter. Die Schläge und Tritte werden nur angedeutet. Es geht um Reaktion, um Kombinationen und um Körpergefühl. „Und um Auge“, wie Tim Albrecht sagt: das frühe, manchmal auch intuitive Erkennen, was der Gegner vorhat. 50 Prozent der Teilnehmer dieses Kurses sind Mädchen, aber egal ob männlich oder weiblich, die Beweglichkeit und der Spaß an der Bewegung ist allen anzusehen. Dabei hat Boxsport viel mit Disziplin zu tun. Auf der Matte sind alle gleich, der Trainer macht die Ansage. Boxen und natürlich auch Kickboxen ist Messen nach Regeln. Fairness ist oberstes Gebot. Das Training stärkt das Selbstvertrauen, schafft Gelassenheit.

Tim Albrecht hatte als 17-Jähriger mit Thaiboxen angefangen. Das Boxen begleitete sein berufliches Leben. Er machte zunächst eine Tischlerausbildung, studierte dann Grafikdesign, um anschließend festzustellen, in der Werbeagentur ist es nicht das Richtige für ihn. Nebenbei arbeitete er immer als Boxtrainer, und er realisierte, das ist es, was ihn begeistert. 2011 mietete er das Stadthaus, so hieß das ehemalige Bankseminargebäude mit Restaurant. Er baute das Haus innen um; nun hat es mehrere Trainingsräume, Duschen, Umkleideräume, WCs, mehrere Salzräume, die von Saskia (Tims Frau) betrieben werden und in denen man bei gesunder salzhaltiger Luft wunderbar entspannen kann. Nicht zu vergessen, der Gastraum mit großer überdachter Terrasse. Hier treffen sich die Eltern, trinken Kaffee, klönschnacken. Ums Haus herum ein weitläufiges Grundstück, teilweise als Trainingsparcours gestaltet. Hinter dem Haus ein Swimmingpool. Kinder und Freunde von den Albrechts plantschen bei hochsommerlichen Temperaturen.

Die Atmosphäre im Boxclub ist vollkommen familiär. Das hat absolut nichts von der Trainingshalle aus Clint Eastwoods 2004 erschienenem Box-Film „Million Dollar Baby“. Man stellt sich unter Box-Clubs klischeehaft gerne solche schweißdampfenden Hallen mit dumpfen Sandsackgeräuschen und voller testosterongesteuerter Querformatstypen vor. Trainer mit riesigen Händen und heiseren Stimmen, die wegen früher erlittener Kehlkopftreffer auch sehr gut die Hauptrolle im Film „Der Pate“ hätten synchronisieren können. Nein, das ist bei Tim anders. Das Training ist zu Ende. Die Kids stürmen raus. Es ist ein herrlicher Hochsommernachmittag, in Grüppchen stehen viele noch auf dem Rasen zusammen. Warten auf die Eltern, die auch noch im Gespräch vertieft sind.

„Ab welchen Alter kann man loslegen?“, frage ich Tim Albrecht. „Die Lil Dragons sind 5 bis 8 Jahre alt, dann die Gruppen mit den 8 bis 12-Jährigen, 12- bis 16-Jährige und die Erwachsenen.“ „Was kostet das Training bei dir?“ „Es beginnt bei 29 Euro monatlich für die Lil Dragons, 39 Euro für 8- bis 16-Jährige, 59 Euro für über 16-Jährige.“ „Wo kann man sich anmelden oder informieren?“

„Bei mir: 0177 6913 777.“

Uwe Schröder

Sascha Micheel und Tim Albrecht