Vögel in Groß Borstel
Die Mönchsgrasmücke
Meistens hört man ihren Gesang, bevor man sie zu sehen bekommt: Die Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla). Dabei handelt es sich um einen Singvogel aus der Grasmücken-Gattung (Sylvia), zu der die ebenfalls in Deutschland vorkommenden Gartengrasmücken, Sperbergrasmücken, Klappergrasmücken und Dorngrasmücken zählen.
Die Mönchsgrasmücke ist recht kräftig gebaut und mit 13,5 bis 15 cm Körperlänge etwa so groß wie ein Haussperling („Spatz“). Sie trägt ein schlichtes Federkleid, das an der Oberseite dunkelgrau und an der Unterseite hell olivgrau ist. Ihr auffälligstes Merkmal: die Kappe, die beim Männchen schwarz und bei Weibchen und Jungvögeln rotbraun ist. Die an einen Mönch erinnernde Kappe des Männchens gab dem Vogel auch seinen Namen. Der wissenschaftliche Terminus „atricapilla“ (lat. „Schwarzköpfchen“) sowie der in Bayern und Österreich verbreitete Begriff „Schwarzplattl“ nehmen ebenfalls Bezug auf diese „Kopfbedeckung“.
Mönchsgrasmücken sind in ganz Mitteleuropa verbreitet, der Bestand wird auf 50 Millionen Brutpaare geschätzt. In Deutschland ist dieser Vogel mit über 6 Millionen Brutpaaren die vierthäufigste Brutvogelart. Auch in Hamburg konnte sich die Mönchsgrasmücke in den letzten 30 Jahren zu einem sehr häufigen Stadtvogel entwickeln und stellt hier mit geschätzten 13.000 Brutpaaren die mit Abstand häufigste Grasmückenart. Ursache dürfte hauptsächlich das Aufwachsen der Vegetation und die zunehmende Dominanz älterer Bäume in den Grünanlagen, Gärten und zwischen den Wohnblöcken der Stadt sein. Am liebsten halten sich Mönchsgrasmücken versteckt in Sträuchern auf. Auch außerhalb der Stadt bevorzugen sie Gebiete mit vielen Sträuchern zum Beispiel in schattigen Wäldern mit vielen Brombeeren oder an Feldrändern.
Die Nahrung der Mönchsgrasmücken besteht aus Insekten, Larven, Spinnen, Würmern, Nektar sowie Früchten wie zum Beispiel Holunder, Brombeeren, Misteln und Kirschen.
Die Vögel betören durch ihren melodisch flötenden Gesang, der mit einer leise schwätzenden Strophe beginnt und dann stark an Lautstärke zunimmt. Ihr Ruf hingegen erinnert an zwei gegeneinanderschlagende Kieselsteine. Im Laufe der Brutzeit wird der Gesang weniger und ist schließlich ab Juli kaum noch zu hören.
Die Mönchsgrasmücken West- und Mitteleuropas sind Kurz- und Mittelstreckenzieher, jedoch überwintert eine wachsende Anzahl in Mitteleuropa. Dabei haben die Vögel ab den 80-er Jahren England als Überwinterungsgebiet entdeckt. Dazu wird neben dem milden Klima beigetragen haben, dass in England Ornithologie verbunden mit Winterfütterungen eine in der Bevölkerung sehr verbreitete Freizeitbeschäftigung ist.
Die Auswahl des Brutreviers betreffend zeigt sich die Mönchsgrasmücke als die vielseitigste Grasmückenart Mitteleuropas. Sie bevorzugt Auwälder, feuchte Mischwälder und schattige Parkanlagen, brütet aber auch mitten in der Großstadt in buschreichen Gärten und immergrüner Vegetation wie zum Beispiel Efeu oder Lorbeer.
Schon ab Ende Februar hört man die ersten Mönchsgrasmücken bei ihrer Balz rufen und singen. Sobald die Männchen aus ihrem Winterquartier zurück sind, beginnen sie mit Nestbau und Singen, um Weibchen anzulocken. Hat sich ein Paar gefunden, wird aus dünnen Zweigen, Grashalmen und Tierhaaren das Nest, versteckt im dichten Gestrüpp des Unterholzes, fertig gebaut. Dabei bevorzugen die Vögel Standorte im Schutz von Brennnesseln oder dichten Brombeerbüschen.
Mönchsgrasmücken haben eine bis zwei Jahresbruten in der Zeit von März bis Juli. Das Gelege besteht aus drei bis sechs beigefarbenen und rotbraun gefleckten Eiern, die von Weibchen und Männchen etwa 13 Tage lang bebrütet werden. Die geschlüpften Jungen bleiben 12 Tage im Nest und werden dort von beiden Elternteilen mit Insekten und Beeren gefüttert. Dies setzen die Eltern, nachdem die Jungvögel das Nest verlassen haben, noch einige Tage fort.
Obwohl der Bestand an Mönchsgrasmücken klimabedingten Jahresschwankungen unterworfen ist, nimmt europaweit ihre Zahl stetig zu. Der Bestand gilt als nicht gefährdet. Natürliche Feinde sind Schlechtwetterphasen, Infektionskrankheiten, Parasiten sowie Sperber, Falken, Rabenvögel, Kuckuck, Eichhörnchen, Marder und Katzen. Nicht zuletzt stellt auch der Mensch eine Bedrohung dar, weil er mit Pestiziden Insekten und damit die Nahrungsgrundlage der Vögel bekämpft.
Michael Rudolph