Im Alter leben – aber was mache ich mit der Immobilie?
Wer die Zeitungen aufschlägt oder News im Internet liest, sieht sich seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine als Hauseigentümer täglich mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. Funktioniert die Beheizung meines Hauses mit Gas oder Öl in Zukunft noch? Und können wir uns das auf Dauer leisten? Müssen wir unseren Altbau dämmen, möglicherweise sogar das Dach erneuern? Wie weit sinkt der Wert der Immobilie? Sind wir im Alter noch ausreichend abgesichert?
In dieser Unsicherheit fallen neue Angebote für die Immobilie auf fruchtbaren Boden. Zum Beispiel neue Heizungen: Panikartig wurden im letzten Jahr Gasheizungen bestellt wie nie. Es wurde befürchtet, der Einbau dieser Heizungen würde in Zukunft komplett verboten werden. Wärmepumpen sind wegen des Nachfrage-Booms teuer geworden. Sie kosten, verglichen mit den Vorkriegspreisen, mittlerweile fast das Doppelte. Hinzu kommen stark gestiegene Handwerkerkosten für den Einbau. Das geplante Gebäudeenergiegesetz – von „Bild“ und AfD zum „Heizhammer“ hochstilisiert – diente professionellen Panikmachern als Türöffner bei verängstigten Hausbesitzern.
Auch in Groß Borstel sehen sich Hauseigentümer konfrontiert mit Angeboten, die auf den ersten Blick recht verlockend erscheinen und einen Ausweg aus der Krise suggerieren. Ein Produkt namens Liquidhome wird beispielsweise von einem bekannten, international tätigen Immobilienmakler angeboten. Hierbei handelt es sich nicht etwa um Maßnahmen, einen Leitungswasserschaden zu beheben, sondern um die anglisierte Bezeichnung für die finanzielle Verflüssigung der Immobilie bei weiterhin bestehendem Wohnrecht. Auch bekannt als Leibrente oder Teilverkauf. Vornehmlich älteren Hausbesitzern werden hohe Geldbeträge versprochen, die dann etwa in eine neue Wärmepumpe oder die energetische Sanierung des Hauses gesteckt werden können.
Doch egal ob Leib- oder Immobilienrente, Kapitalfreisetzung oder meinetwegen auch Teilverkäufe, es gibt viele, die den Weg des schnellen Geldes später bitter bereuen. Denn der Teufel verbirgt sich im Kleingedruckten der Verträge. Dort wird der Wert des Hauses zumeist nicht zum Marktwert, sondern zum Beleihungswert angerechnet. Dieser Beleihungswert entspricht dem Betrag, der auch unter ungünstigsten Bedingungen garantiert erzielt werden könnte. Sprich: Er ist niedrig. Davon ausgehend werden Prozentanteile an den Vertragspartner übertragen, der daraus einen Einmalbetrag (Immobilienteilverkauf) oder wahlweise einen monatlichen Betrag (Leibrente) errechnet. Für die Berechnung der Lebenserwartung wird die sogenannte Sterbetafel herangezogen. Die eine erfreulich lange Lebenserwartung prognostiziert (damit einhergehend eine entsprechend niedrige Leibrente). Und wer trägt die Kosten des Verkaufs? Grundbuch- und Notargebühren, Grunderwerbssteuer etc.?
Der so mit einem Geldregen gesegnete Hausbesitzer ist nicht länger allein. Er hat einen Miteigentümer. Und der verlangt Miete für seinen Anteil. Manchmal sogar eine Staffelmiete, die ihm und nicht Ihnen eine sicher sprudelnde Einkommensquelle garantiert. Es kommt in einigen Verträgen sogar vor, dass die Miete nur auf einen begrenzten Zeitraum festgeschrieben wird. Was ist danach? Darf anschließend munter erhöht werden, so wie in den vergangenen Jahren auf dem freien Wohnungsmarkt?
Das Kleingedruckte regelt auch die Instandhaltungsfrage. Manche Teilverkäufer verpflichten sich, weiterhin die gesamte Last der Instandhaltung, Gartenpflege und der sonstigen Nebenkosten zu tragen, obwohl sie nicht mehr alleiniger Eigentümer sind.
Einzelne Teilverkaufsverträge bieten die Möglichkeit des späteren Rückkaufs an. Interessant sind dann die Bedingungen. Oder die Frage: Bleibt noch etwas übrig vom Immobilienwert? Grundlegend sollte geprüft werden, ob Sie die Immobilie nach Vertragsschluss überhaupt noch selbst veräußern dürfen oder wie weit das Mitspracherecht des Teileigentümers geregelt ist.
Das alles muss nicht immer so dramatisch sein, wie es hier klingt. Es gibt sehr viele seriöse Anbieter von Leibrenten und vernünftige Teilimmobilienkäufer. Deswegen sollte man oder frau sich bei solchen Angeboten sorgfältig von einem Immobilienfachmann beraten lassen. Der zeigt manchmal Wege auf, wie Sie in Ihrer Immobilie weiterhin sorgenfrei wohnen können. Etwa durch einen Umbau des Hauses, wenn Sie die ganze Wohnfläche eigentlich schon lange nicht mehr benötigen. So kann unter Umständen die Barrierefreiheit erreicht werden und gleichzeitig ein Einkommen aus Vermietung erzielt werden.
Einige Grundstücke in Groß Borstel sind so groß, dass eine Grundstücksteilung sinnvoll sein kann. Die Bauämter erteilen freizügig Baugenehmigungen – dank Wohnungsbauinitiative des Senats. Die Erschließung über einen sogenannten Pfeifenstiel verkleinert das Grundstück zwar, verringert aber die Gartenarbeit und bringt so mehr Freizeit.
Selbst wenn Sie über einen Verkauf der Immobilie nachgedacht haben, müssen eine Vielzahl von Fragen geklärt werden, bei denen Fachleute aus der Immobilienwirtschaft helfen können. Zum Beispiel in dieser Frage: Wie bereite ich die Immobilie für den Verkauf vor? Was ist der „richtige“ Preis für mein Haus? Auf welchen Portalen biete ich die Immobilie an? Was ist, wenn ich schon eine neue Wohnung gemietet habe und die alte Immobilie noch nicht verkauft, werden konnte? Bekanntlich kann der Immobilienverkauf dauern. Oder andersherum, wenn sich plötzlich doch ein Käufer findet: Wer organisiert den Umzug? Wo finde ich eine Zwischenlösung zum Wohnen?
Wenn Sie richtig beraten werden, dann eröffnen sich neue Wege, im Alter zu leben. Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie den Immobilienfachmann Ihres Vertrauens oder wenden Sie sich an die Verbraucherzentrale. Da wird Ihnen geholfen.
Uwe Schröder