Vögel in Groß BorstelDie Misteldrossel

Sie ist die größte Drossel: Die Misteldrossel (Turdus viscivorus). In der Familie der „Drosseln“ gehört der Vogel zur Gattung der „Echten Drosseln“ und sieht der Singdrossel zum Verwechseln ähnlich. Allerdings ist die Misteldrossel mit einer Länge von bis zu 29 Zentimetern bis zu sieben Zentimeter größer als die Singdrossel und lässt sich auch an seiner deutlich aufrechteren Haltung gut unterscheiden.

Die Oberseite dieses langschwänzig und kräftig wirkenden Vogels weist eine bräunliche Färbung auf, die helle Unterseite zeigt zahlreiche runde dunkle Flecken. Die Flügelunterseite der Misteldrossel ist weiß, der Kopf hell. Männchen und Weibchen unterscheiden sich kaum voneinander, das Weibchen ist lediglich von etwas größerer Statur und hat ein weniger kräftig gezeichnetes Federkleid. Im Flug legen Misteldrosseln nach jedem Schlag die Flügel an den Körper an, wodurch ein wellenförmiges Flugbild entsteht.

Ein gutes Erkennungsmerkmal ist der lange schnarrende Ruf der Misteldrossel („tzerr`r`r`r“). Ihr wohlklingender, melodischer Gesang ähnelt dem der Amsel, ist jedoch schneller und klingt wehmütiger.

Das Verbreitungsgebiet der Misteldrossel erstreckt sich über ganz Europa, ausgenommen das westliche Skandinavien. Ihr Bestand in Deutschland wird auf bis zu 320.000 Brutpaare, in Hamburg auf bis zu 1300 Brutpaare geschätzt. Der Bestand gilt als nicht gefährdet.

Misteldrosseln sind überwiegend Kurzstreckenzieher, in West- und Süddeutschland aber auch Standvögel. Viele europäische Misteldrosseln überwintern in Südeuropa und Nordafrika.

Die Vögel bewohnen Nadel- und Mischwälder, Parkanlagen und große Gärten. Dabei hat auch die Misteldrossel inzwischen den Sprung von der freien Landschaft in unsere Stadt geschafft. So ist sie hier zu einem typischen Vogel der Zierrasenflächen geworden, wo sie ihre überwiegend aus Regenwürmern bestehende Nahrung sucht. Daneben frisst sie auch Beeren, Obst, Insekten, Larven und insbesondere im Winterhalbjahr die Früchte der Weißbeerigen Mistel, wodurch die Misteldrossel auch zu ihrem Namen gekommen ist. Durch das Verzehren der Mistelbeeren und das spätere Ausscheiden ihrer von sehr klebrigem Schleim umhüllten Kerne trägt der Vogel in den Baumkronen zur Verbreitung dieser Halbschmarotzerpflanze bei.

Misteldrosseln werden bereits im ersten Lebensjahr geschlechtsreif. Während der meist schon im Februar beginnenden Balz sind die Vögel besonders sangesfreudig. In der Regel haben sie in Deutschland zwei Jahresbruten in der Zeit von März bis Juli. Ihr relativ großes napfförmiges Nest bauen Männchen und Weibchen gemeinsam meist hoch in Bäumen. Dabei bevorzugen sie Waldränder, parkartige Grünanlagen und zunehmend auch innerstädtische Wohnblockgebiete. Misteldrosseln legen drei bis fünf Eier, die 14 Tage lang vom Weibchen bebrütet werden. Die Männchen füttern die Weibchen während der Brut und lösen sie manchmal sogar ab.

Die geschlüpften Küken sind Nesthocker, die dort noch 14 bis 16 Tage lang von beiden Elternteilen gehudert und gefüttert werden. Nähern sich mögliche Feinde wie Elster oder Eichelhäher dem Brutplatz, werden sie mutig von den Elternvögeln angegriffen und aus dem Brutgebiet vertrieben. Neben diesen beiden Vogelarten zählen zu den natürlichen Feinden der Misteldrossel auch Habicht, Uhu, Waldkauz, Wanderfalke, Sperber, Eichhörnchen und Marder. Das nachgewiesene Höchstalter beträgt 12 Jahre und vier Monate.   

Über die Verbreitung der Samen der Eichenmisteln durch die Ausscheidungen der Misteldrosseln spotteten bereits die alten Römer: „Turdus ipse sibi cacat malum!“ („Die Drossel kackt sich selbst ihr Verderben!“). Denn aus dieser Pflanze wurde Vogelleim gewonnen, den Vogelfänger für die Jagd auf Misteldrosseln verwendeten. Ein für die Vögel fataler „Kreislauf der Natur“…

Text und Fotos: Michael Rudolph