EDITORIAL

„Optimismus ist Pflicht!“ Karl Popper, Philosoph und Begründer des Kritischen Rationalismus

Liebe Borstelerinnen, liebe Borsteler,

ich wünsche Ihnen und uns allen für das Neue Jahr 2025 vor allem eines: Zuversicht!

Lassen wir uns nicht von dem allerseits angestimmten Jammer- und Empörungschor wuschig machen! Trotz aller Krisen und Super-Krisen wird die Welt nicht morgen untergehen. Es sei denn, alle 8,6 Milliarden Menschen hören auf einen Schlag auf, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die gemacht werden sollen und für die jeder einzelne verantwortlich ist!

„Rational begründete Zuversicht allein reicht niemals. Grundsätzliche, robuste Zuversicht ist letztlich immer unbegründet, sie ist eine Frage der Haltung, der Einstellung, dessen Willens.“ So die Schriftstellerin und Philosophin Thea Dorn. Und der einfachste Weg zur Zuversicht sei, sich selbst klarzumachen, dass die oftmals apokalyptischen Gegenwartsdiagnosen nichts anderes sind als Schwarzmalerei.

Warum hat die Schwarzmalerei, das Schüren von Angst, die Feindseligkeit, ja Verteufelung jedes anderen, der nicht genau so ist, denkt, lebt wie ich so eine Konjunktur? Die ganze Welt, überall, verändert sich auf eine Weise, rasend schnell, die wir nicht voraussehen können. Das erzeugt eine große Unsicherheit. Wir fühlen uns vielleicht als Opfer einer dunklen Macht, der wir ausgeliefert sind. Das gemeinsame Jammern mit Gleichgesinnten, die gemeinsame Wut, die gemeinsame Ablehnung, ja Feindseligkeit gegen die, die anderen Sinnes sind, lässt uns kurzfristig die Unsicherheit überdecken und übertönen. Aber es hilft uns nicht, weil die Zukunft, der Fortschritt und die (Klima-)Veränderung kommt – ob wir wollen oder nicht!

Aber kein Fortschritt ohne moralischen Fortschritt, so Emmanuel Kant, der Philosoph der Aufklärung nach dem dunklen Mittelalter. Aufklärung: Das bedeutet Respekt füreinander plus Gebrauch einer Vernunft, die wir alle teilen. Auch alle Politik hat sich vor diesem „Gerichtshof der Vernunft“ aller zu verantworten. Das heißt, sie sollte unabhängig von Parteizugehörigkeit verpflichtet sein, sich und die Lage aufzuklären, um die Aufgaben lösen zu können, vor denen beispielsweise Deutschland steht. Das aber würde bedeuten, dass wir, die Wähler und Wählerinnen, Kooperation und Hilfsbereitschaft in der Krise mit unserer Wahlentscheidung belohnen sollten, statt den Schlagabtausch, die Diffamierung und die Konfrontation im Stil maximaler Unfreundlichkeit.

„Das Drama der deutschen Binnenpolitik besteht darin zu glauben, Weisheit und moralischer Fortschritt seien der Politik wesensfremd. Zur Idee der Verfassung gehört jedoch, sich um die gute Verfassung möglichst vieler Menschen zu kümmern.“ Gerd Scobel, ZDF (Das Drama von fehlender Realität und Weisheit).

Irgendwie kommen mir in letzter Zeit ein paar alte Leitsätze aus den 50er- und 60er-Jahren wieder dringend notwendig und total modern vor: Freundlich und respektvoll sein, Charakter entwickeln, Haltung zeigen, anständig sein, ehrlich sein, machen statt reden und jammern, nicht in Selbstmitleid verfallen, nicht zimperlich sein, Stärke entwickeln, mutig sein… Hilfe, ich höre jetzt sofort auf!

Nein, dies muss noch sein: Dietrich Bonhoeffer, Theologe und ermordet im Widerstand gegen Hitler: „Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation, sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignieren, eine Kraft, den Kopf hochzuhalten, wenn alles fehlzuschlagen scheint, eine Kraft, Rückschläge zu ertragen, eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Gegner lässt, sondern sie für sich in Anspruch nimmt.“

Jeder Mensch hat eine angeborene Zuversicht, einen angeborenen Optimismus. Ohne diesen sind wir nicht überlebensfähig.

In diesem Sinne: Auf die Zuversicht, den Optimismus, die Zukunft und den moralischen Fortschritt!

Herzlich Ihre Ulrike Zeising