AUSZEIT VON DER DIGITALEN REALITÄT

NEUE PFADFINDERINNEN GESUCHT!

In unserem Stadtteil gibt es einige aktive Pfadfinder/innen. Eine davon, Elena Marie von Bergen, Rufname Elli, Pfadfindername Krinsha, möchte gerade eine neue Gruppe eröffnen und ist dafür auf der Suche nach Mädchen von 9 bis 12 Jahre, die Lust haben, mal eine Schnupperstunde mitzumachen. Sie kam auf uns vom Borsteler Boten zu, um „Werbeunterstützung“ zu bekommen, da ihr der übliche Weg aufgrund von Corona ein bisschen schwerer gemacht wird.

Da hat es uns natürlich interessiert, was die Pfadfinder von heute so machen und wie sie organisiert sind und mal genauer nachgefragt:

GBB: Krinsha (Pfadfindername), was macht ihr bei den Pfadfindertreffen einmal pro Woche und was begeistert dich besonders?

Krinsha: Den Pfadfinderbund Nord (PBN) gibt es seit 1970, und er ist dem Deutschen Pfadfinderverband unterstellt. Wir haben im PBN 15 Stämme, die wiederum mehrere Gruppen haben. Jeder Stamm hat ein „Heim“, das meistens vom Staat kostengünstig zur Verfügung gestellt wird.

In den Heimen treffen sich die Gruppen, und der gesamte Stamm sorgt eigenverantwortlich dann auch für die Unterhaltung der Gebäude. Unser Haus ist im Niendorfer Gehege. Dort haben wir ein ganzes Haus, das uns zur Verfügung steht.
Mich begeistert besonders, dass man vollständig in eine andere Welt abtauchen kann. Wir tragen alle unsere Pfadfinderkleidung, haben einen anderen Namen als in der realen Welt und bilden eine Gemeinschaft, die für ein paar Jahre wie eine zweite Familie ist. Am tollsten ist der Zusammenhalt, die Verbundenheit und auch die Unabhängigkeit. Denn auf unseren Ausfahrten an Wochenenden gibt es bei uns auch keine elektronischen Geräte, außer einer Kamera oder einer Armbanduhr/Wecker. Was für mich bedeutet, dass ich wirklich komplett die Möglichkeit habe, einfach mal abzuschalten.

GBB: Wie hättest du denn jetzt normalerweise eine Gruppe aufgemacht?

Krinsha: Normalerweise gehen wir in die Schulen, sprechen Kinder auf der Straße an oder gehen auf das Stadtteilfest und verteilen Flyer und erzählen den Kindern direkt, was wir machen, damit sie eine Vorstellung davon haben und Lust dazu bekommen.

GBB: War das bei dir damals auch so und was macht ihr denn nun genau?

Krinsha: Ja, bei uns kam meine Gruppenleiterin damals vor den Sommerferien in die Schule (4. Klasse), um zu werben. Ich war gleich so begeistert, dass ich meine Mutter solange genervt habe, bis sie einverstanden war. Sie hatte mit meinem Bruder früher in einer anderen Gruppe eher schlechte Erfahrungen gemacht und musste erstmal überzeugt werden, dass es hier anders läuft.

Im PBN sind wir keiner Glaubensrichtung angehörig und auch nicht politisch orientiert. Ein vernünftiger Umgang mit der Umwelt ist uns wichtig, ansonsten möchten wir einfach eine gute Zeit miteinander haben. Wir haben auch reine Mädchen- und reine Jungensstämme. Gerade während der Zeit in der frühen Pubertät ist es viel besser, nur mit Mädchen zusammen zu sein. Wir treffen uns einmal die Woche im Pfadfinderheim und basteln, kochen, singen und haben gemeinsam Spaß. Wenn möglich, machen wir einmal im Monat eine Wochenendausfahrt.

Im Sommer mit dem Zelt in der Natur, im Winter in ein anderes Pfadfinderheim. Dann haben wir eine Frühjahrsausfahrt, circa drei oder fünf Tage lang mit dem ganzen Pfadfinder Bund Nord (PBN) und jedes zweite Jahr ein Winterlager. Das Beste ist die Großfahrt. In den Sommerferien fahren wir mit unserer Gruppe zwei Wochen in ein europäisches Land, bereisen dies und wandern eine vorher geplante Route.

Wir übernachten dann irgendwo im Wald oder auch mal direkt am Strand oder am See. Je nachdem wo wir sind.

GBB: Wie alt sind denn die Kinder und die Gruppenleiter?

Krinsha: Um eine Gruppe aufmachen zu dürfen, muss man die Ausbildung der Pfadfinder mitgemacht haben und 16 Jahre alt sein. Die Mädchen (wir nennen sie Leut) sind dann am Anfang der gemeinsamen Zeit zwischen 9 und 10 Jahre alt. Außerdem hat jede Gruppe eine „Stesi“. Das ist die stellvertretende Gruppenleiterin, die auch die Ausbildung gemacht haben muss. Wir werden in verschiedenen Lägern ausgebildet in Dingen wie Fauna und Flora, Kartenlesen, Sozialkompetenzen, Eltern- und Kinderumgang, Erste Hilfe, Kasse, und Organisation beispielsweise einer Fahrt usw. Insgesamt drei Ausbildungslager müssen wir bestehen. Man kann auch durchfallen, wenn die Frauschaft nicht der Meinung ist, dass man fähig darin ist, eine Gruppe zu leiten.

Kohte (das Schwarzzelt der Jugendbewegung und der Pfadfinder) an der Düne
Krinsha am Strand
Am Strand: Nimue und Krinsha

Eine Gruppe kann nur fünf Jahre bestehen, danach muss man Stesi machen, und im besten Fall macht man dann anschließend auch eine Gruppe auf. Aufhören kann man nach den fünf Jahren Gruppenzeit oder nach dem einen Jahr Stesi natürlich auch.

GBB: Was erzählst du denn den Kindern beim Werben, also was möchtest du unseren Lesern gerne mitgeben?

Krinsha: An die Mädchen da draußen, wenn ihr Lust habt, mit einer tollen Gruppe in Gemeinschaft und mit viel Spaß, Abenteuer in der Natur zu erleben, dann kommt doch einfach mal vorbei. Ihr könnt auch gern erst ein paar Mal ins Heim kommen und euch anschauen, ob euch die Gruppe und die Aktivitäten gefallen. Auf jeden Fall werdet ihr neue Freundschaften schließen und eine Auszeit von digitalem und schulischem Stress haben.

GBB: Wie Auszeit von digitalem Stress? Habt ihr auf den Fahrten auch kein Handy dabei? Und wie können Eltern sicher sein, dass ihre Kinder gut betreut sind?

Krinsha: Natürlich machen wir am Anfang einer neuen Gruppe Elternabende und später auch vor jeder Großfahrt. Da können die Eltern alle Fragen stellen und einen Eindruck davon bekommen, ob wir alles gut geplant haben.
Auf einer Fahrt haben wir ein Notfallhandy in einer Dose dabei, damit es nicht nass wird, das aber ausgeschaltet bleibt und nur für unseren Notfall gedacht ist. Tatsächlich gibt es auch Eltern, die ihre Kinder deshalb nicht auf die Großfahrt gelassen haben, weil sie sie nicht erreichen konnten. Da frage ich mich dann aber, wie die das denn früher selbst gemacht haben. Aber vielleicht fragst du dazu einfach mal meine Mutter.

GBB: Katja, was hältst du denn davon, 16-Jährige mit Kindern auf eine Großfahrt zu schicken?

Katja (Krinshas Mutter): Unsere Tochter ist jetzt fünf Jahre aktives Mitglied bei den Pfadfindern. Ich habe fünf Jahre beobachten dürfen, wie ihr Selbstbewusstsein und ihre sozialen Kompetenzen über das für das jeweilige Alter übliche Maß angestiegen sind, und ich wusste sehr genau, dass das nicht nur Ergebnisse unserer elterlichen Qualitäten waren. Natürlich bedeutet, ein Kind bei den Pfadfindern zu haben auch eine gehörige Portion an Loslassen-Qualität der Eltern, die aber dadurch belohnt wird, dass die Kinder da wirklich etwas fürs Leben lernen. Und die Ausbildung, die sie jetzt durchlaufen musste, um Gruppenleiterin zu werden, hat mich schon sehr beeindruckt. Wenn nur alle Führungskräfte so gut ausgebildet würden, wäre die Geschäftswelt ein besser Ort…

GBB: Krinsha, was müssen denn die Kinder oder Eltern jetzt tun, die sagen, sie würden sich das gerne mal ansehen?

Krinsha: Mädchen, die zwischen 9 und 12 Jahre alt sind, schreiben mir bitte eine Mail (oder deren Eltern), dass sie Interesse haben, und ich melde mich dann dazu. Ich werde dann Ende der Sommerferien die Zeiten und die Uhrzeit unserer Treffen durchgeben. Voraussichtlich werden wir uns an einem Donnerstag Im Niendorfer Gehege 27A treffen. Wenn Ihr Kind an dem Tag nicht kann, melden Sie sich doch bitte trotzdem bei mir, denn dann leite ich Sie einfach weiter zu einer anderen tollen Gruppenleiterin, die ebenfalls nach den Sommerferien eine Gruppe aufmachen möchte und an einem anderen Tag sich treffen wird. Und wenn Ihr Sohn auch Interesse an den Pfadfindern hat, leite ich Sie da auch gerne zu einem anderen Gruppenleiter weiter.

Email: ellivbergen@gmail.com

Übrigens achten wir immer sehr darauf, die Kosten gering zu halten. Unsere Fahrten sind wesentlich günstiger als von anderen Jugendgruppen. Für die Familien mit geringem Einkommen gibt es unter Umständen aber auch Unterstützung.

GBB: Vielen Dank, Krinsha, dann drücken wir dir die Daumen, dass deine Gruppe zustande kommt. Und wir freuen uns dann mal einen Bericht nach der ersten Großfahrt zu bekommen.

Am Ziel angekommen: Dendorro, Raikian, Krinsha