Das Trafohaus in Groß Borstel
Ein Vorschlag von Dr. Jürgen Bönig
Schön und einladend ist das kleine Haus nicht, das versteckt von großen Bäumen und Büschen dunkel am Eingang zu Groß Borstel steht.
Pumpstation mit Bedürfnisanstalt 1913
Dabei war es einmal das Zeichen für die Modernisierung des Stadtteils: 1913 wurde hier am Eppendorfer Moor eine Pumpstation mit Bedürfnisanstalt gebaut, als es um die Besielung Groß Borstels ging. Das Abwasser des Vorortes floss bis zu einem Siel an der Nordseite des Hauses, stürzte in einen Schacht herab und wurde in das Abwassersystem Hamburgs hochgepumpt. Das schöne Haus mit Walmdach im Heimatstil verschwand 1927 hinter einer Klinkerfassade und einem Flachdach, als die HEW für die Elektrizitätsversorgung eine Wandlerstation anfügte, in der Hochspannung zu Niederspannung gewandelt wurde. Und so ließ sich, wenn man sich an der Straßenbahnstation auf der Bank vor der Toilettenanlage niederließ, in dem langgestreckten Bau im Stil der Neuen Sachlichkeit der einbezogene Vorgänger im Heimatstil nicht mehr erkennen.
HEW Wandlerstation
Nachdem die Toilettenanlage aufgegeben worden war, zog die Schreberjugend Stadion Nord hier ein, weil sich in dem lärmumtosten Haus am Eppendorfer Moor gut Partys feiern ließen. Zugleich wurde dieses ungewöhnlich qualitätsvolle Gebäude mit den beiden Stilrichtungen auf die Denkmalliste der Stadt Hamburg genommen.
Nach einem Wassereinbruch gab die Jugendgruppe das Haus auf – eine weitere Nutzung schien fraglich. Ein Artikel im Borsteler Boten wies auf den Leerstand hin, und das brachte mich auf die Idee, ob das Haus am Eingang zu Groß Borstel und am Hauptzugang zum Eppendorfer Moor nicht als Informationszentrum über das kleinste Naturschutzgebiet Hamburgs genutzt werden könnte.
An diesem lärmigen Ort konnte das kleine Haus sicher nicht als Gastronomie oder Café genutzt werden, auch Gruppenräume für den NABU u.a. würden so viel personellen und technischen Aufwand zum Umbau des ja nur für Technik gebauten Gebäudes bedeuten, dass es den Ort und die Betreibergruppe überfordern würde. Wenn ich mich auf dem Fahrradweg im Dunkeln an dem überdachten Gang auf der Rückseite vorbeibewegte, war mir bewusst, dass hier Licht hermusste und die ursprünglich als überdachte Kabelbahn errichtete Rückseite nicht mehr als provisorischer Schlafplatz zur Verfügung stehen sollte.
Aus meiner Tätigkeit im Museum der Arbeit wusste ich, dass schon viele Museumsideen am Aufwand gescheitert waren, den fürs Publikum nur zeitweise geöffnete Räume bedeuten.
In der Diskussion um einen schönen Eingang zu Groß Borstel und zugleich für ein neues Entree ins Eppendorfer Moor stelle ich mir deshalb vor, das technische Gebäude, das der Besielung und Elektrifizierung Groß Borstels diente, als Informationszentrum über das Eppendorfer Moor einzurichten und die alte Bedürfnisanstalt wieder in Betrieb zu nehmen.
Informationszentrum Eppendorfer Moor
Viele Neubewohner Groß Borstels wissen gar nicht, dass ihr Spaziergangsgebiet ein Naturschutzgebiet ist und warum bestimmte Verhaltensweisen in diesem Naturgebiet notwendig sind, um das Moor zu erhalten und zu entwickeln. Weil bereits zahlreiche Regeln erklärende Tafeln an den Zugängen zum Moor errichtet, vernutzt und zerstört wurden und wieder verschwunden sind, sollte ein Zentrum 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche auf lustmachende Weise erklären, was das Eppendorfer Moor war und ist und warum das Abweichen von den Wegen, das Freilaufen von Hunden und das Abladen von Grünabfall schädlich ist für das Gebiet.
Diese Informationen könnten unter anderem in dem rückwärtigen Kabelbau hinter Glasscheiben mit dreidimensionalen Modellen und Dioramen vermittelt werden, die das Gebiet vor 10.000 Jahren, um 1900 und zu den verschiedenen Jahreszeiten mit den spezifischen Pflanzen und Tieren zeigen und erklären, wie wichtig der Wasserhaushalt und Nährstoffarmut für die Entwicklung der Torfmoose in den Niedermoor- und Hochmoorteilen des Gebietes sind. Vielleicht ließe sich auch im Schacht der ehemaligen Pumpanlage ein Pegel für den Grundwasserstand und ein Regenmengenmesser einbringen. Nützlich wäre auch die Wiederbelebung der Bedürfnisanstalt, ein Angebot für die zahlreichen Besucher und Besucherinnen des Eppendorfer Moores, das sich zwanglos mit einem Behälter für Hundekot-Beutel verbinden ließ.
Anstalt für Bedürfnisse
Und sicher wäre es gut, wenn die Bewohner des Jakob-Junker-Hauses schräg gegenüber von Anfang an in die Betreuung der Gesamtanlage einbezogen würden und so mit der Betreuung einer städtischen Toilette zugleich die Kontrolle der nur von außen zugänglichen schönen Ausstellung über das Eppendorfer Moor gewährleistet würde.
Dann würde ich viel lieber zu Fuß auf dem Weg an der Rückseite des alten Trafohauses vorbeigehen, auch nachts, wenn beim Vorbeilaufen die Lichter in den „Schaufenstern“ der Ausstellung angehen und meinen Weg beleuchten, während Fahrradfahrer auf dem natürlichen Weg vorne an der Borsteler Chaussee entlang, der jetzt gesperrt ist für sie, nebenbei die Bedeutung des Naturschutzgebietes erkennen können.
Nutzen eines Denkmals zu geringen Kosten
Auf dezente Weise würde dann die äußere Gestalt des Trafohauses die Baugeschichte deutlich machen, die auf den geöffneten Fensterläden erläutert werden könnten: vom Heimatstil zur Neuen Sachlichkeit. Und vielleicht würden sogar Fledermäuse von oben einfliegend ein neues Quartier in dem bloß temperierten Gebäude im Bereich des Sielschachtes bekommen.
Dann böte das als Denkmal geschützte Gebäude Nr. 20891 einen viel angenehmeren Anblick, würde sich selbst und das Eppendorfer Moor erklären, und das zu einem viel geringeren Preis als eine Herrichtung zu einem Gebäude, in dem sich längere Zeit Menschen aufhalten.
Dr. Jürgen Bönig, Technikhistoriker, konnte diese Geschichte des Gebäudes nur erzählen, weil Frau Jasmin Castro-Frenzel vom Bezirksamt Nord Pläne aus der Bauakte zugänglich machte.