EDITORIAL
Liebe Borsteler,
was nun? Heute ist mal wieder ein Freitag, der 13., und ich wachte mit einem Gefühl auf, das sich in letzter Zeit in mein Bewusstsein geschlichen hat: Ich fühle mich, als lebte ich im Krieg. In einem Krieg, der nicht zu fassen ist, und der weltweit geführt wird. Ein Krieg, den die Natur gegen uns Menschen führt? Will sie sich wehren, weil wir trotz besseren Wissens seit den 70er Jahren nichts gegen den globalen Raubbau an der Natur bei exponentiell wachsenden Bevölkerungszahlen auf diesem Planeten unternommen haben? Weil wir weltweit Monokulturen und Massentierhaltung betreiben unter Einsatz von immensen Mengen Chemie und Antibiotika, um eine Exportwirtschaft im globalen Kreislauf immer weiter wachsen zu lassen?
Weil wir immer mehr Natur zerstören, immer mehr CO2 ausstoßen, die Ozeane vermüllen, Wälder abholzen und sauberes Wasser vergiften? Haben Sie bis vor Kurzem gewusst, dass 19 Millionen Nerze in Dänemark in engen Käfigen gezüchtet werden? Wozu? Wer trägt denn noch Nerzmantel? Und ist es ein Kollateralschaden, dass diese Tierchen jetzt alle, pardon, vergast werden, weil das Covid19-Virus bei ihnen mutiert ist und auf 200 Dänen übertragen wurde? Zwar soll diese Mutation nicht gefährlicher sein als Covid-19, aber es besteht die Sorge, dass Impfstoffe keine oder weniger Wirkung zeigen. Wenn ich die Riesendemos der sogenannten Querdenker, Verschwörungsanhänger, Wutbürger und Corona-Leugner in Leipzig, Berlin oder Detroit im Fernsehen betrachte, frage ich mich, was diese Menschen bewegt und treibt. Ich glaube, letztlich treibt sie ihre eigene Angst. Angst vor Kontrollverlust, vor finanziellem Ruin und sozialem Abstieg, Angst vor Veränderung, Angst vor Krankheit und Tod. Weil sie diese Ängste kaum aushalten, werden die in Wut verwandelt oder in Verleugnung der Wirklichkeit. Wut gegen „die da oben“, die als gewählte Leittiere gefälligst die Bedrohung des Rudels in den Griff kriegen sollen. Sonst werden sie symbolisch totgebissen und die scheinbar stärkeren Anführer kämpfen um den Platz an der Spitze. Das Problem ist nur, dass der Angreifer Covid-19 so neu ist, dass „denen da oben“ die Verteidigung nur in Lernschritten gelingt.
Die Verschwörungstheoretiker schieben der Regierung gar die mutwillige Herstellung und Freilassung des Virus zu. Die dritte Strategie, um die Gefahr durch das Virus und die daraus resultierenden Einschränkungen zu ertragen, besteht in der Verleugnung dieser Gefahr. Also: Ablehnung von Maskenpflicht und Kontakt-beschränkung. Und schließlich gibt es noch diejenigen, die Chaos und Krawall nur produzieren, um „das System“ zu destabilisieren.
Ich bin nach dem II. Weltkrieg geboren und habe bisher keine Situation existenzieller Bedrohung unserer Bevölkerung erlebt, geschweige denn eine Bedrohung der ganzen Welt. Alle bisherigen Krisen bekamen wir
irgendwie in den Griff – meistens mit viel Geld. Die großen Tragödien spielten sich in Drittweltländern ab. Die globalen Handels und Wirtschaftsströme, die globale Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, der globale Tourismus haben uns bisher Wohlstand und Wachstum gebracht. Nun verteilt die Globalisierung Covid-19 in alle Länder.
Wollen wir die Büchse der Pandora nicht endlich mal schließen? Ich meine: endlich Frieden einziehen lassen! Wir haben die Welt, die Natur aus dem Gleichgewicht gebracht. Es ist unsere Aufgabe, einen neuen Weg zu finden, wie wir in und mit der Natur leben können, statt sie zu zerstören. Unser Wissen und unsere technologischen Kompetenzen sollten das ermöglichen.
Wir müssen der Natur respektvoll als Partner begegnen. Das sollten wir unseren „Leittieren“ deutlich machen. Solange die Politik ängstlich am alten Denken und Handeln klebt, wird die Angst im Rudel nicht verschwinden. Denn die Ursachen des „Krieges“ werden nicht angegangen.
Lost in Transformation
Was ist wohl der schwierigste Moment für die Raupe auf dem Weg zum Schmetterling? Was ist für uns Menschen die schmerzvollste Zeit des Wandels? Wir alle wissen, dass es kein Leben ohne Loslassen, ohne Übergänge von gewohnter Vergangenheit in eine unbekannte Zukunft gibt. Wir erleben dies wieder und wieder. Wir werden die Angst vor Veränderung ertragen können, wenn klar wird, dass nur dieser Weg uns und unseren Kindern und Enkeln Gesundheit, Sicherheit und Frieden bringt.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Zeit und ein hoffnungsvolles Weihnachten. Und ich bitte Sie um Verzeihung, dass mir diesmal kein lieblicherer Text eingefallen ist.
Das kommt aber wieder!
Herzlich Ihre Ulrike Zeising