EDITORIAL
Liebe Borstelerinnen, liebe Borsteler,
aus die Maus?
Für das Café im Stavenhagenhaus, den Treffpunkt für Groß Borstel, sieht es gerade so aus. Auch die Besucher bei Veranstaltungen des Kommunalvereins oder der Konzerte, Vorträge oder Lesungen müssen seit dem 5. März ohne ein Glas Wein oder Bier auskommen. Von Kaffee, Kuchen und Flammkuchen ganz zu schweigen.
Wie konnte das passieren? Wo doch der „Zweck des Hauses“ vom damaligen Bezirksamtsleiter Kurt Braasch in dem Buch „Das Stavenhagenhaus“ so definiert wurde: „Das Stavenhagenhaus soll ein Mittelpunkt des kulturellen und des gesellschaftlichen (!) Lebens des Bezirks und zugleich eine Stätte der Begegnung für alle Kreise und Altersstufen der Bevölkerung sein.“ Ohne Speis‘ und Trank??
Jahrzehntelang oblag es dem jeweiligen dort wohnenden Hausmeisterpaar, für die gastronomische Versorgung bei Veranstaltungen zu sorgen. Auch bei Firmenseminaren, Trauungen, Parteiempfängen. Aber nicht für Privatpersonen, Geburtstage, Konfirmationen oder für ein Kaffeetrinken mit der Freundin. Den jahrelangen Forderungen nach einem öffentlichen Café für alle wurde im Rise-Prozess seit vier Jahren noch einmal großer Nachdruck durch die Borsteler Bürger verliehen. Zuletzt mit 3.500 Unterschriften, die die Kläger aufforderten, ihre Klage gegen das Café zurückzunehmen.
Das Hausmeistermodell zu erweitern, schied aus zwei Gründen aus: Bei einer Neuordnung muss der Bezirksamtsleiter den bisher von allen Vorgängern geduldeten konzessionslosen Zustand der Gastronomie beenden und eine „Konzession zur gastronomischen Erlaubnis mit Alkoholausschank“ vergeben. Und, da die bisherigen Hausmeister ihren Lebensmittelpunkt weit nach Schleswig-Holstein verlegen, lehnten sie eine Übernahme des Cafés auch unter anderem deswegen ab.
Eine Pächterin wurde mit Alexandra Lübeck gefunden, und Groß Borstel genoss fünf Wochen lang die wunderbare Situation, einen Treffpunkt zu haben, Frühstücken und Kaffeetrinken zu können, Leute zu treffen, gesellige Abende zu verbringen. Wie in einem normalen Stadtteil.
Bis der Eilantrag zweier direkter Nachbarfamilien am Grundstück des Stavenhagenhauses beim dritten Anlauf am Verwaltungsgericht Erfolg hatte, die Konzession für die Pächterin „ruhen“ zu lassen. Wie lange? Oh, bis in einem Gerichtsverfahren die Grundsatzfrage geklärt wäre, ob ein Café im Kulturzentrum Stavenhagenhaus erlaubt wäre. Dauer? Zwei, drei oder mehr Jahre. Mindestens. Warum ging der Bezirksamtsleiter, Michael Werner-Boelz (Grüne), der sich als erster getraut hatte, den Forderungen der Bürger nach einer Öffnung des Hauses zu entsprechen, nicht direkt gerichtlich gegen diesen Eilantrag vor?
Tja, nun wird es politisch! Denn unter anderem sind wir 2024 im Wahljahr: Am 9. Juni wollen die Parteien und ihre Abgeordneten in der Bezirksversammlung neu gewählt werden. Von uns, wohl gemerkt! Aber das Wahlvolk und seine Wünsche stehen nicht immer und überall an erster Stelle, man ist im Wahlkampf, und die Opposition will deutlich machen, „wer Schuld hat“. Die Koalition möchte es lieber nicht so laut!
Stattdessen wurden von den Parteien in der Bezirksversammlung Gespräche des Bezirksamtsleiters mit den Klägern gefordert. Um einen Kompromiss zu finden. Der stellt sich nach zwei Runden aus Klägersicht jetzt so dar: Drinnen wäre ein Café denkbar (ist ja auch eh legal – siehe unten!), draußen bitte nix.
Also: Aus die Maus?
Nö, nicht zwangsläufig! Der Kommunalverein, selbst wie alle Bürger nicht klageberechtigt, hat parallel zu den Ereignissen der letzten Wochen eine renommierte Verwaltungsrechts- Kanzlei beauftragt, die Situation zu beurteilen. Sozusagen eine zweite Meinung. Und die kommt zu dem Schluss, dass für den Betrieb eines Cafés in den Innenräumen aus baurechtlicher Hinsicht keine Bedenken bestehen und dass der 1966 bestätigte Bebauungsplan auch heute bindend ist! Der Bezirk muss hier nun den nächsten rechtlichen Schritt zur Umsetzung tun und die Konzession zur gastronomischen Erlaubnis erneut anordnen. Na, denn man los!
Die Sache eilt! Die Pächterin braucht schnell wirtschaftliche Klarheit, die Initiativen und Vereine agieren gerade in einem Haus, welches da liegt wie tot, und die Borstelerinnen und Borsteler brauchen ganz dringend ein geöffnetes Café!
Herzlich Ihre Ulrike Zeising