Editorial

Liebe Borsteler, und nun ist der Sommer wieder einmal vorbei. Es gab heiße Tage und Abende, um mit Freunden und Familie draußen zu sitzen. Man spielte Fußball, Frisbee und Federball, die Erwachsenen grillten, die Kinder wuselten herum, Pärchen gingen Hand in Hand, hielten an, um sich zu küssen. Oh, Sommer!

Und jetzt Herbst. Auch noch „goldene Oktobertage“ – wenn wir Glück haben. Aber es geht etwas zu Ende. Nämlich das Vorwärtstreibende, Wachsende, Drängende. Die Natur geht in die Ruhepause. Die Blätter fallen, die Säfte ziehen sich zurück, die Eichhörnchen legen die letzten Nussspeicher an, und die Igel suchen nach einem dicken Blätterhaufen, um den Winterschlaf anzutreten.

Rückzug. Innehalten. Spüren, statt immer nur machen. Alle Frauenzeitschriften propagieren, das Sofa mit der karierten Decke zum Lieblingsplatz zu machen. Kerzen anzünden, Tee kochen, ein schönes Buch, sanfte Musik… Oder eine heiße Badewanne, wenn nicht gar ein Besuch in der Sauna. Und damit der Genuss hinterher gesteigert wird, zwischendurch ein Spaziergang, auch wenn es nebelt oder feuchtet.

Mache ich mich über diese Klischees lustig? Ach nein, sicher nicht! Sind dies doch einige beliebte und bewährte Methoden, um die dunklere Jahreszeit zu genießen. Erlauben wir uns den Rückzug. Denn Rückzug ist wichtig, eigentlich immer, aber im Herbst und Winter fällt er leichter, drängt er sich auf. Genießen wir ihn. Schauen wir, was uns unser Tun und Gestalten im Laufe des Jahres an Früchten gebracht hat. Fühlen wir, ob es sich gelohnt hat, oder ob etwas zu kurz gekommen ist. Spüren wir nach, ob unsere Vorstellungen uns gutgetan haben und guttun. Oder ob unsere Vorstellungen uns einengen und häufig scheitern lassen, weil sich die Welt und andere Menschen nicht darin fügen wollen.

Aber seien wir nicht zu streng mit uns, wenn dabei Verbesserungspotenzial deutlich wird, Veränderung sinnvoll erscheint. Veränderung ist Leben. Genießen wir es. Allein oder im Austausch mit lieben Menschen.

Herzlich
Ihre Ulrike Zeising