FRAU AM STEUER

VON SEBASTIAN SCHNOY

„War ja klar! Eine Frau am Steuer!“ Wie oft habe ich das schon laut gerufen, natürlich nicht bei einem Interview für den Deutschlandfunk, sondern im Auto, wenn mich niemand hören konnte.

Ich möchte mich trotzdem dafür entschuldigen. Bei allen Frauen, vor allem bei der Frau, die bei der wirklich kurzen Grünphase an der Grindelallee erst nicht das grüne Licht der Ampel sah und dann – nur weil ich hupte – ihren Mini Cooper abwürgte und ihn neu starten musste. Inzwischen gehöre ich nämlich selbst zu einer Gruppe Menschen, der nur wegen ihres Geschlechts einfachste Fähigkeiten abgesprochen werden, kurz, ich bin ein Vater, der sich viel um seine Kinder kümmert.

Als Kabarettist habe ich viel freie Zeit an Werktagen und begleite meine Tochter zum Mutter-Kind-Reiten, meinen Sohn zum Mutter-Kind-Schwimmen und treibe mich viel auf Spielplätzen rum. Wenn ich an einem Dienstag vormittags auf einem Spielplatz bin, muss ich sehen, dass meine Tochter in meiner Nähe bleibt, denn sobald Mütter dort auftauchen und mir nicht sofort ein Kind zuordnen können, werden ihre Blicke misstrauisch.

Einmal sagte eine fremde Mutter zu mir: „Was tun sie hier?“ – „Ich sitze auf dieser Bank und schaue auf mein Handy.“ – „Dies ist ein Spielplatz!“ rief sie. Es war ein angespannter Moment bis meine Tochter etwas von mir wollte. Sie spielt aber oft länger, ohne mich zu beachten und bringt mich damit immer wieder in Schwierigkeiten.

Wenn ich jetzt auf der Bank sitze und merke wie mich Mütter mit diesem Du-perverses-Schwein-Blick anschauen, rufe ich meiner Tochter schnell etwas zu. Trotz Feminismus und Gleichstellungsdebatte scheint für die meisten Mütter klar zu sein, dass der Mann werktags bei der Arbeit ist und auf Spielplätzen höchstens in Form des Mitschnackers auftaucht. Beim Mutter-Kind-Reiten sagte einmal eine Mutter: „Sie sind ja oft hier. Arbeitslos?“ Ich sagte: „Nein, aber ich verdiene an zwölf Abenden im Monat mehr als ihr Mann auf einer vollen Stelle.“ Ich hörte auch ein Gespräch von Frauen, bei dem die eine die Klimaschädlichkeit des Schulessens kritisierte, wo sie mir doch schon erzählt hatte, dass ihr Mann bei Airbus arbeitet.

Die Facebook-Gruppe Niendorf-Mamis lehnte mein Eintrittsgesuch ab. Immerhin darf ich mit den Milchmüttern am Mittwoch in der Schule Kakao verkaufen. Ich kaufe auch Kleidung für meine Kinder und habe bemerkt, dass der Hauptdruck auf Mädchen, sich wie Mädchen zu kleiden und Jungs wie Jungs von Müttern kommt. Ich habe meiner Tochter noch nie etwas in rosa oder pink gekauft, es sei denn, sie hat es selber ausgesucht.

Jüngst rief mir eine Mutter im Park zu: „Sie müssen ihr eine Mütze aufsetzen.“ Ich dachte, ich setze Dir gleich eine Mütze auf! und lächelte gequält. Frauen, traut uns Männern mehr zu, wenn es um Kinder geht. Ich mache das jetzt auch im Auto. Wenn eine Frau vor mir an der Ampel losfährt rufe ich: „Ja, Du schaffst das, Baby, und jetzt der zweite Gang, na also, geht doch.“


Gastautor Sebastian Schnoy

Gastautor Sebastian Schnoy (50) ist ein vielfach ausgezeichneter Kabarettist, Keynote Speaker, Moderator und Buchautor. Rund 130-mal im Jahr steht er in Theatern, bei Kongressen und bei Veranstaltungen von Unternehmen und Ministerien auf der Bühne. Er tritt häufig in Alma Hoppes Lustspielhaus auf und veröffentlicht gelegentlich im Groß Borsteler Boten. Schnoy ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Niendorf.