Editorial

Liebe Borstelerinnen, liebe Borsteler,

wie geht es Ihnen, am Anfang der Adventszeit, mit dem Blick auf Weihnachten? Sind Sie bedrückt und verunsichert, wegen der vielen Krisen, die gleichzeitig international und im eigenen Heizungskeller toben? Oder sehen Sie auch schon wieder etwas Licht am Ende des Tunnels?

Der Krieg in der Ukraine hat sich zumindest gedreht, die USA fallen (noch?) nicht in die Hände der demokratiefeindlichen Trumpianer und damit als unsere Verbündeten aus, Bolsonaro hat gegen Lula die Wahl verloren und kann in Brasilien nicht mehr ungehemmt die grüne Lunge der Welt, den Regenwald, abholzen. Und die Ampel in Berlin übernimmt unsere Gas- und Fernwärmeabschläge im Dezember, ab Januar kommt die Strompreisbremse und ab März gibt es die Gaspreisbremse.

Eigentlich doch gar nicht so schlecht, oder? Eigentlich doch ganz gut, oder?

Jeder kennt das Beispiel mit dem halb leeren oder halb vollen Glas. Machen wir erstmal gedanklich aus den herausfordernden und schwierigen Situationen ein halb volles Glas. Ein guter Anfang wird uns aber nicht zufrieden stellen, da wir den Erlebens-Rahmen (das Glas) nicht geändert haben. Erst, wenn wir uns von Form und Größe „des Glases“ verabschiedet haben, werden wir wieder Fülle spüren. Und Fülle empfinden wir als angenehm, wohltuend, beruhigend.

Geben wir der Situation, in der wir uns befinden, eine andere, eine eigene Bedeutung. Was, wenn wir uns einfach ein kleineres Glas als das neue „Normale“ vorstellen? Sich selbst mit den eigenen Wünschen und Zielen neu zu erfahren, hat nichts mit Verdrängung oder positivem Denken zu tun. Es hat vor allem mit Loslassen und Wandlungsfähigkeit zu tun. Unsere Anpassungsfähigkeit, unsere Kreativität und Entwicklungskraft hat uns Menschen seit zehntausenden von Jahren Eiszeiten, Naturkatastrophen, Völkerwanderungen und Kriege überstehen lassen.

Wenn wir nicht festhalten und hadern, weil das alte große Glas halbleer ist. Wenn wir uns von der Vorstellung lösen können, dass nur ein immer größeres Glas ein gutes Glas ist.  Wenn wir unsere Anpassungsfähigkeit und den gesunden Menschenverstand nutzen, um unsere Wünsche und Visionen an die Größe des Glases Anno 2022/2023 anzupassen: Dann haben wir die Chance, zufrieden zu sein!

Liebe Borstelerinnen, liebe Borsteler, stoßen wir mit unseren wunderschönen, kleineren Gläsern auf eine erfüllte Advents- und Weihnachtszeit an! Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute. Und bleiben Sie zuversichtlich!

Herzlich Ihre Ulrike Zeising