Vögel in Groß Borstel
Die Teichralle
Die Teichralle (Gallinula chloropus), auch Teichhuhn genannt, ist eine Vogelart aus der Familie der Rallen. Der mitteleuropäische Bestand wird auf 180.000 Brutpaare geschätzt. Da es nach dem Jahr 2000 in Deutschland erhebliche Bestandsrückgänge gegeben hat, steht der Vogel seit 2006 in der Vorwarnstufe der Roten Liste gefährdeter Arten.
Hamburg weist rund 700 Brutreviere auf. In Groß Borstel lässt sich die Teichralle gut am zentralen Gewässer des Eppendorfer Moor beobachten, zumal der Vogel hier an Menschen gewöhnt ist und dementsprechend geringes Fluchtverhalten zeigt.
Die wissenschaftliche Artbezeichnung „Gallinula chloropus“ bedeutet „grünfüßiges Hühnchen“ und verweist auf die Beinfarbe. Im 19. Jahrhundert war der ornithologische Name dieses Wasservogels „Gemeines Teichhuhn“, im 20. Jahrhundert „Grünfüßiges Teichhuhn“ oder einfach „Teichhuhn“. Allmählich setzt sich jedoch die Bezeichnung „Teichralle“ durch, die auch zoologisch korrekter ist, da diese Art ein typischer Vertreter der Rallen ist.
Mit circa 33 Zentimetern Länge lässt sich die mitteleuropäische Art der Teichralle hinsichtlich der Größe mit einer Stadttaube vergleichen. Die auf den ersten Blick schwarz aussehenden Körper der Altvögel zeigen bei näherem Hinsehen eine an der Oberseite braunschwarze und an der Unterseite blauschwarze Gefiederfarbe, getrennt durch eine weiß gefleckte Flankenlinie. Der recht lange Schwanz ist an der Unterseite weiß mit einem schwarzen Keil. Der Kopf des Vogels weist ein rotes Stirnschild, rote Augen und einen roten Schnabel mit gelber Spitze auf. Die Füße und Beine sind gelbgrünlich mit einem roten Band am oberen Beinende. Das Jugendkleid der Vögel präsentiert sich graubraun, zeigt aber bereits die weiße Flankenlinie und den weißen Unterschwanz. Das Dunenkleid der Küken ist schwarz, der Schnabel orangerot mit einer gelben Spitze und die Stirnplatte rot.
In Deutschland sind Teichrallen überwiegend Standvögel, ziehen also nicht. Als Lebensraum bevorzugen die Tiere flache, nährstoffreiche Gewässer mit einer dichten Ufervegetation. Aufgrund ihrer großen Anpassungsfähigkeit konnten die Vögel aber auch andere Lebensräume erobern, bis hinein in die Gärten und Parks der Städte – sofern diese eine Wasserfläche von mindestens 20 bis 30 Quadratmetern mit geeigneter Ufervegetation, also mit sicheren Versteckmöglichkeiten bieten.
Teichrallen sind Allesfresser, deren Nahrungsart der jeweilige Lebensraum bestimmt. So reicht dieses Spektrum von Wasserpflanzen über Samen, Früchte und Knospen bis hin zu Schnecken, Spinnen, Käfern, Insektenlarven, Frosch- und Fischlaich, selten auch kleinen Fischen.
Teichrallen beginnen ihre Balz und Paarbildung oft bereits Ende des der Brutsaison vorangehenden Jahres, wobei auch mehrjährige Partnerschaften entstehen. Normalerweise suchen sich die Weibchen einen Partner aus, wobei es unter den Weibchen zu heftigen Kämpfen kommt. Anschließend wählt die Gewinnerin ein Männchen nach dessen Ernährungszustand aus. Denn das ist ein Indikator dafür, dass es sich besonders für das spätere Brüten und die Nest- und Revierverteidigung eignet.
Ihre Nester bauen Teichrallen in drei Varianten: Eines als Bühne für die Balz, das zweite als Gelege- und das dritte als Ruhenest. Am Bau sind beide Partner beteiligt. Dabei wird das Nestfundament überwiegend vom Männchen errichtet, die Auskleidung der Nestmulde übernimmt das Weibchen. Die Nester sind aber bei der ersten Eiablage nicht vollendet: Noch während der Eiablage und der Bebrütung werden grüne Pflanzentriebe in die Anlage eingefügt. Oft bekommen die Nester auch eine Art grünes Pflanzendach, um sie vor der Entdeckung durch Nesträuber zu schützen.
Ihr Brutrevier und Nest verteidigen Teichrallen äußerst aggressiv und schrecken dabei auch nicht vor Graureihern zurück, die gerne Eier oder Küken der Teichrallen aus den Nestern rauben.
Etwa ab Mitte April beginnt die Eiablage. Beide Elternteile bebrüten die fünf bis elf Eier abwechselnd 19 bis 22 Tage lang. Die Küken sind vom ersten Lebenstag an schwimmfähig, verlassen das Nest meist aber erst nach ein bis drei Tagen. Ab dem fünften Lebenstag können sie tauchen und ab dem zehnten selbständig Nahrung suchen. An der Fütterung und Betreuung der Küken beteiligen sich beide Elterntiere bis etwa zum 45. Lebenstag. Mit 49 Tagen sind die Jungvögel ausgewachsen, beginnen zu fliegen und erreichen ihre volle Flugfähigkeit etwa im Alter von 60 Tagen.
Es bleibt zu hoffen, dass sich der Bestand der Teichralle in Zukunft wieder positiv entwickelt und der Vogel schon bald nicht mehr auf der Vorwarnstufe der Roten Liste gefährdeter Arten stehen muss.
Text und Fotos: Michael Rudolph