Vögel in Groß Borstel
Der Erlenzeisig
Er ist einer der kleinsten Finkenvögel Europas: Der Erlenzeisig (Spinus spinus), eine Vogelart aus der Familie der Finkenvögel und hier aus der Unterfamilie der Sieglitzartigen. Erlenzeisige kommen in Europa nahezu flächendeckend vor und fehlen nur auf Island und in Nordskandinavien. Sie sind Standvögel bzw. Teilzieher. Allerdings können nördliche Populationen auch als Zugvögel auftreten, die dann teilweise bis in den Mittelmeerraum ziehen.
Erlenzeisige sind Vögel der Nadel- und Auwälder und fühlen sich in Fichtenbeständen und Mischwäldern besonders wohl. Doch gerade jetzt in den Wintermonaten, bis in den April hinein, verlassen Erlenzeisige ihre angestammten Lebensräume und fallen in Trupps in unsere städtischen Gärten und Parks ein – vor allem wenn dort Winterfütterungsstellen gepflegt werden. Dann treten sie auch gerne in gemischten Schwärmen gemeinsam mit Stieglitzen und Birkenzeisigen auf.
Erlenzeisige sind mit elf bis zwölf Zentimetern Länge ungefähr so groß wie Blaumeisen. Dabei lassen sich die Männchen an ihrer kontrastreichen Färbung erkennen. So ist der Kopf gelb mit grünlichen Wangen und weist eine schwarze Stirn sowie einen schwarzen Kehlfleck auf. Der Rücken zeigt sich gräulich-grün. An den sonst schwarzen Flügeln fallen besonders die leuchtend gelben Flügelbinden auf, die auch im Flug gut zu erkennen sind. Weibliche Erlenzeisige sind kontrastärmer gezeichnet, dabei auf Rücken und Unterseite deutlich gestrichelt. Junge Erlenzeisige ähneln sehr stark den Weibchen, wobei ihre Körperunterseite gräulicher ausfällt.
Den Namen Erlenzeisig erhielt der Vogel aufgrund seiner Ernährung. So bevorzugt der geschickte Kletterer Erlen-, Fichten- und Birkensamen, daneben auch Samen anderer Bäume sowie Nüsse. Gelegentlich werden auch Insekten verspeist, allerdings spielen sie vor allem bei der Ernährung der Jungvögel eine Rolle.
Erlenzeisige werden mitunter auch einfach Zeisig genannt, da sie im deutschsprachigen Raum die häufigsten und bekanntesten Vertreter kleiner Finkenvögel sind, die den Namensteil “-zeisig“ tragen. Der Name „Zeisig“ stammt ursprünglich aus dem Westslawischen und wurde zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert ins Mittelhochdeutsche übertragen. Regional wurde der Erlenzeisig früher auch „Strumpfwirker“ genannt, da sein Gesang dem Schnarren eines Strumpfwirkerstuhls ähnelt.
Der Bestand der Erlenzeisige wird in Deutschland auf 21.000 bis 51.000 Brutpaare geschätzt, in Hamburg auf etwa 80 Brutpaare. Diese finden sich vor allem in den großen Nadelbaumvorkommen der Harburger Berge und des Sachsenwaldes. Erste Brutnachweise in Hamburg stammen aus den 1940er Jahren, verstärkt ab Mitte der 1960er Jahre. Doch wie bereits erwähnt, treten die Vögel in unserer Stadt zwischen Oktober und April häufig und in großer Zahl als Durchzügler und als Wintergäste auf, besonders an Vogelfutterstellen – auch in Groß Borstel. Erlenzeisige gelten als nicht gefährdet.
Während ihrer zwischen Februar und August stattfindenden Balz- und Brutzeit sind Erlenzeisige weit überwiegend in Nadelwäldern (Fichte und Kiefer) sowie Mischwäldern anzutreffen. Allerdings bekommt man sie während der Brutzeit kaum zu Gesicht, da sie sich dann meist in den Baumkronen aufhalten. Überwiegend dort bauen sie ihre dickwandigen Nester aus Pflanzenfasern, Flechten, Halmen und Moosen. In der Regel finden zwei Jahresbruten statt wobei jeweils drei bis fünf helle mit zarten braunen Tupfern übersäte Eier gelegt und 12 bis 14 Tage bebrütet werden. Die Jungvögel bleiben 13 bis 14 Tage im Nest, wo die Eltern sie mit Blattläusen, Insekten und Raupen füttern. Auch anschließend werden die flüggen Jungvögel außerhalb des Nestes noch bis zu 14 Tage betreut und versorgt. Nachdem die Jungen selbstständig geworden sind, sieht man die Elterntiere wieder häufiger, da sie sich nicht mehr ausschließlich in den Baumkronen aufhalten.
Erlenzeisige werden – wenn sie das gefährliche erste Lebensjahr überstehen – 11 bis 12 Jahre alt, als Käfigvögel sogar 15 bis 25 Jahre. Ihre Fressfeinde sind vor allem streunende Katzen, Eichhörnchen, Sperber und mitunter auch der Waldkauz.
Wenn auch während der Balz- und Brutzeit in luftiger Höhe kaum zu sehen, lassen sich Erlenzeisige trotzdem gut wahrnehmen. Dafür sorgen ihre emsigen Rufe wie „Tetteretett“, „Di dieh“, „Zeisig“ oder beim gemeinsamen Abfliegen ein „Tscheh“. Der Gesang des Erlenzeisig klingt wie „Diddel diddeldiddel schä-big“, kann aber außerdem Imitationen des Gesangs anderer Vogelarten enthalten, was die Bestimmung natürlich nicht gerade erleichtert. Obendrein sind Erlenzeisige ausgesprochene „Gutwettersänger“ – sangesfreudig bei schönem Wetter, meist schweigsam bei Regen und Kälte…