Vögel in Groß Borstel
Die Wacholderdrossel
Die Wacholderdrossel (Turdus pilaris) gehört – wie Amsel, Singdrossel, Ringdrossel, Misteldrossel und Rotdrossel – in der Familie der „Drosseln“ zur Gattung der „Echten Drosseln“.
Mit einer Körperlänge von 22 bis 27 cm ist die Wacholderdrossel fast so groß wie eine Amsel. Adulte Vögel weisen einen grauen Kopf und hinteren Hals sowie einen deutlichen Überaugenstreif auf. Der obere Rücken, Schultern und Flügeldecken zeigen sich rötlich-braun. Kehle und obere Brust sind auf ockergelbem Grund dunkel gestrichelt. Auf den Flanken lassen sich auf schwach rötlich-braunem Untergrund dunkle, pfeilspitzenförmige Flecken erkennen. Der Bürzel ist hellgrau, Bauch und Unterschwanz sind weiß. Den gelben Schnabel ziert eine schwarze Spitze. Die Geschlechter unterscheiden sich äußerlich nicht.
Früher wurde die Art „Krammetsvogel“ (seltener Kramtsvogel, Krammetvogel oder Krummetvogel) genannt. Dies hat seinen Ursprung in den alten Bezeichnungen „Krammet“ und „Kranewitt“ für den Wacholder – womit sich auch der heutige Name erklärt.
Das Verbreitungsgebiet der Wacholderdrossel reicht in West-Ost-Richtung von Schottland und Frankreich bis nach Sibirien und in Nord-Süd-Richtung vom nördlichen Norwegen bis zum Südrand der Alpen und in die Ukraine hinein. Mitte des 19. Jahrhunderts verlief die westliche Verbreitungsgrenze noch durch Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Oberfranken. Der Anlass der westlichen Ausdehnung des Lebensraumes der Wacholderdrosseln ist nicht bekannt. In Deutschland gilt der Großraum Hamburg als die nördliche Verbreitungsgrenze des Vogels.
Wacholderdrosseln sind Kurzstreckenzieher, die in Süd- sowie Mitteleuropa überwintern und daher ganzjährig in Deutschland zu beobachten sind. Sie leben in lichten Laub- und Mischwäldern, in großen Parks und Gärten sowie in Feldgehölzen und Alleen. Der Bestand in Deutschland wird auf 100.000 bis 200.000 Brutpaare geschätzt und gilt als nicht gefährdet. Der Bestand in Hamburg beträgt ca. 225 Brutpaare.
Wacholderdrosseln sind Koloniebrüter, ihre Brutgebiete befinden sich im Großraum Hamburg überwiegend in den Elbmarschen. Insbesondere außerhalb der Brutzeiten sieht man sie auch in anderen Hamburger Stadtgebieten – wie in Groß Borstel. Wacholderdrosseln sind wenig scheu und daher oft auf innerstädtischen Rasenflächen (zum Beispiel Flughafenrand) gut bei der Nahrungssuche zu beobachten.
Der Ruf der Vögel ist ein auffälliges „Tschäck“, das oft mehrmals wiederholt wird. Der einfache und wenig melodiöse Gesang wird oft im Flug vorgetragen und besteht aus schwätzenden Elementen mit kurzen Pausen sowie gepresst zwitschernden harten Tönen. Bei Störungen des Brutbereiches geben die Vögel ein kratzendes „Trrtrrtrr“ von sich.
Die Nahrung der Wacholderdrosseln ist sowohl tierischer als auch pflanzlicher Art. Im Frühjahr und Sommer suchen die Vögel am Boden nach Regenwürmern, Schnecken und Insekten. Im Spätsommer, Herbst und Winter bilden Beeren die Hauptnahrung, daneben aber auch andere Früchte und sogar Fallobst. Auch die namensgebenden Wacholderbeeren fressen die Vögel gerne. Ihr Fleisch soll dadurch einen leicht herben Geschmack bekommen, weshalb Wacholderdrosseln früher in Deutschland gerne verzehrt wurden. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts waren in zahlreichen Kochbüchern Zubereitungsarten der „Krammetsvögel“ beschrieben. In Südeuropa stehen die Vögel nach wie vor auf der Abschussliste.
Wacholderdrosseln brüten gerne gesellig in Baumreihen oder Feldgehölzen in offener Landschaft. Dabei bevorzugen sie hohe Bäume. Hier legen sie ihre tiefen, napfförmigen Nester gerne in Stammgabelungen oder auf starken Ästen am Stamm an. Das aus Zweigen, groben Halmen und Blättern bestehende Nest wird innen zunächst mit feuchter Erde und darauf mit feinen Halmen ausgekleidet. Die erste Eiablage beginnt überwiegend im April. Auch Zweitbruten sind häufig und finden meist im Juni statt. Das Gelege besteht überwiegend aus fünf bis sechs bläulich-grünen Eiern, die unregelmäßig rotbraun gefleckt sind. Das zehn- bis dreizehntägige Brüten übernimmt ausschließlich das Weibchen. Die Nestlinge werden ebenfalls ausschließlich vom Weibchen die ersten neun bis zehn Lebenstage gehudert, aber von beiden Partnern gefüttert. Im Alter von 18 Tagen können die Jungvögel bereits sicher fliegen, mit rund 30 Tagen sind sie selbständig. Die Lebenserwartung beträgt bis zu 10 Jahren.
Feinde der Wacholderdrosseln sind unter anderem Bussarde, Sperber, Falken, Habichte und Rabenvögel. Kommt einer dieser Vögel einer Brutkolonie zu nahe, wird er durch aggressive Sturzflüge verunsichert und gemeinschaftlich so stark mit Kot bombardiert, dass der Eindringling für einige Zeit sogar flugunfähig sein kann – von seinem hygienischen Zustand ganz zu schweigen.
Text und Fotos:
Michael Rudolph