Vögel in GroSS Borstel
Der Kormoran
Sind stehende Gewässer im Winter zugefroren und ist Fischfang nur noch in eisfreien Fließgewässern möglich, kann man ihn auch in Groß Borstel an der Tarpenbek einzeln und in kleinen Trupps bei der Jagd beobachten: den Kormoran (Phalacrocorax carbo).
Kormorane sind fast auf der ganzen Welt verbreitet. Dementsprechend sieht man diese Vögel auch in ganz Europa an Küsten, Seen, Teichen, Flüssen und Kanälen. In Deutschland sind sie Standvögel, ziehen also nicht.
Mit einer Körperlänge von 77 bis 94 cm sind Kormorans fast gänsegroß, ihre Flügelspannweite beträgt bis zu eineinhalb Meter. Die Männchen wiegen zwischen zwei und drei Kilogramm und sind etwas größer sowie schwerer als die Weibchen. Im Prachtkleid zeigt sich das Gefieder überwiegend schwarz, bei Sonnenschein glänzen die Federn metallisch grünlich oder bläulich, die Flügeldeckfedern bronzefarben. Scheitel und Nacken weisen feine weiße Federn auf. Am Hinterkopf sitzt ein durch abstehende Federn gebildeter Schopf. Am Schnabelgrund zeigt sich eine gelbe, weiß geränderte Hautpartie und am äußeren Schenkelansatz ein weißer Fleck. Dieser ist jedoch ebenso wie die weiße Befiederung an Scheitel und Hals nur im Prachtkleid vorhanden.
Da das Gefieder des Kormorans nicht eingefettet wird, nimmt es Wasser auf. Dies verringert den Auftrieb und erleichtert dem Vogel bei der Jagd nach Fischen das Tauchen in Tiefen bis zu neun Metern und erklärt auch die beim Schwimmen tief im Wasser liegenden Körper. Oft sind gemeinschaftlich jagende Trupps von Kormoranen zu beobachten, die Fischschwärme einkreisen oder in Richtung Ufer treiben. Beutefische werden mit dem langen Hakenschnabel hinter den Kiemen gepackt. Nach den Tauchgängen sieht man die Kormorane in ihrer typischen Haltung mit zum Trocknen weit ausgebreiteten Flügeln an Land stehen. Die Angaben über die täglich erforderliche Nahrungsmenge eines Kormorans schwanken zwischen 450 und 780 Gramm.
Die Vögel brüten in Kolonien – erstmals im Alter von drei bis vier Jahren – und bauen im Binnenland ihre Nester vor allem auf Bäumen an Gewässern. Die Brutpaare leben überwiegend in einer monogamen Saisonehe. Wenn in den Brutkolonien die Männchen ihre Nester des Vorjahres besetzen, locken sie mit Flügelschlagen und Rufen die Weibchen an. Dabei kommt es mitunter zu heftigen Kämpfen unter den Männchen, denn einige wollen nicht nur das Nest, sondern auch gleich noch das Weibchen des vorherigen Nestbesitzers mit übernehmen.
Die Nester sind aus Zweigen gebaut, die Nestmulde ist mit feinerem Material ausgepolstert. Zwischen Ende April und Juni legt das Weibchen zwei bis fünf Eier. Sie sind hellblau und weisen einen kalkig weißen Überzug auf. Beide Partner bebrüten das Gelege 23 bis 30 Tage lang und füttern dann die Jungen mit hochgewürgten Fischen. Die Nestlingszeit beträgt rund 50 Tage. Nach 60 Tagen ist der Nachwuchs voll flugfähig und wird von den Eltern auch nach dem Ausfliegen noch weitere 11 bis 13 Wochen lang mit Nahrung versorgt. Kormorane erreichen ein Alter von bis zu 20 Jahren.
Im Raum Hamburg gibt es größere Brutkolonien auf der Billwerder Insel (ca. 200 Brutpaare), in der Haseldorfer Marsch (ca. 350 Brutpaare) und am Steller See (ca. 40 Brutpaare). 1997 kam es zu einer zunächst drei Paare umfassenden Brutansiedlung am Öjendorfer See. Zusätzlich halten sich ganzjährig im Stadtgebiet Nichtbrüter entlang der Elbe, des Hafens und der Alster auf. Der Bestand in Deutschland wird auf 26.000 geschätzt und gilt als nicht gefährdet.
Über Jahrhunderte wurde nicht nur in Norddeutschland die Ansiedlung des Kormorans durch intensive Bekämpfung verhindert. Dies insbesondere durch Angelvereine und Berufsfischer, die diese Tiere als „Schadvögel“ verfolgten. Deshalb sind aus vergangenen Jahrhunderten keine Brutvorkommen des Kormorans in Hamburg bekannt. Dass dieser Vogel ab 1994 hier wieder als Brutvogel angesiedelt werden konnte, ist ein erfreuliches Beispiel aktiven Naturschutzes.
Der Ursprung des deutschen Namens Kormoran liegt im altfranzösichen „cormareng“ sowie in der noch älteren Form „corp mareng“ und dem spätlateinischen „corvus marinus“ was jeweils „Meerrabe“, „Wasserrabe“ heißt. Der Namensbestandteil „Rabe“ findet sich auch im wissenschaftlichen Namen des Kormorans wieder. Denn diese Bedeutung haben auf lateinisch sowohl „corax“ als auch „corvus“. Deutschsprachige Namen, die sich nicht durchsetzen konnten, sind „die Scharbe“ oder „der Scholver“. „Scharbe“ statt Kormoran findet allerdings in der deutschen Benennung vieler anderer Kormoran-Arten Verwendung, wie zum Beispiel der Krähenscharbe. Diese ist aber in Nordeuropa beheimatet und daher bei uns nur sehr selten zu beobachten.
Text, Fotos: Michael Rudolph